Psychotherapeutische Praxisgemeinschaft Eppingen
 Psychotherapeutische Praxisgemeinschaft Eppingen

Traumatherapie

Posttraumatische Belastungsstörung und Traumatherapie mit EMDR

Nicht erst seit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York wissen wir, was ein Trauma ist: eine extrem belastende Situation, in welcher elementare Lebensbedürfnisse bedroht und verletzt werden, ohne das man angemessen darauf reagieren kann. In vielen Bereichen des Lebens sind Menschen früher wie auch heute Situationen ausgesetzt, die sie extrem belasten: z.B. Unfälle, Naturkatastrophen, Misshandlungen in der Kindheit, Vergewaltigung, körperliche Gewalt u.a.. Solche Situationen lösen intensive Angst, Hilflosgkeits- und Kontrollverlustgefühle und einen emotionalen Schock (Verwirrung, unkontrollierte Gefühls- und Körperreaktionen) aus. Die Wahrscheinlichkeit irgendein Trauma in seinem Leben zu erfahren liegt bei 60%.

Die Wahrscheinlichkeit, mit diesem traumatischen Ereignis nicht zu Recht zu kommen, liegt dann bei 20%. D.h. 20% der Menschen die ein traumatischen Ereignis erlebten erkranken an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS):

 

Die Posttraumatische Belastungsstörung ist eine mögliche Folgereaktion eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse (wie z.B. Erleben von körperlicher und sexualisierter Gewalt, auch in der Kindheit (sogenannter sexueller Mißbrauch), Vergewaltigung, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Krieg, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, Folterung, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit), die an der eigenen Person, aber auch an fremden Personen erlebt werden können. In vielen Fällen kommt es zum Gefühl von Hilflosigkeit und durch das traumatische Erleben zu einer Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses.

Das syndromale Störungsbild ist geprägt durch:

  • sich aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnnerungen an das Trauma (Intrusionen, Bilder, Alpträume, Flash-backs)) oder Erinnerungslücken (partielle Amnesie),
  • Übererregungssymptome (Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Affektintoleranz, Konzentrationsstörungen)
  • Vermeidungsverhalten (Vermeidung traumaassoziierter Stimuli) und
  • emotionale Taubheit (allgemeiner Rückzug, Interesseverlust, innere Teilnahmslosigkeit)
  • im Kindesalter teilweise veränderte Symptomausprägungen (z.B. wiederholtes Durchspielen des traumatischen Erlebens, Verhaltensauffälligkeiten, z.T. aggressive Verhaltensmuster)

Die Symptomatik kann unmittelbar oder auch mit (z.T. mehrjähriger) Verzögerung nach dem traumatischen Geschehen auftreten (late-onset PTBS).

 

Die Häufigkeit von PTBS ist abhängig von der Art des Traumas.

  • Ca. 50% Prävalenz nach Vergewaltigung
  • Ca. 25% nach anderen Gewaltverbrechen
  • Ca. 50% bei Kriegs- und Vertreibungsopfer
  • Ca. 15% bei Verkehrsunfallopfern
  • Ca. 15% bei schweren Organerkrankungen, (Herzinfarkt, Malignome)

Die Lebenszeitprävalenz für PTBS in der Allgemeinbevölkerung liegt zwischen 2% und 7%. Die Prävalenz subsyndromaler Störungsbilder ist wesentlich höher. Es besteht eine hohe Chronifizierungsneigung.

 

Neben der PTBS können sich auch weitere psychische Störungen hinzu entwickeln. So zeigen z.B. Unfallopfer nach 1 Jahr in 16% der Fälle eine Reisephobie, bei 19% eine generalisierte Angststörung und bei 6% eine Depression. Als traumaassozierte und komorbide Störungen gelten: Angststörungen, Depression, somatoforme Störungen, dissoziative Störungen, Suchterkrankungen, Substanzmißbrauch und Organerkrankungen.


Im ersten Jahr der PTBS bewältigen diese 50% der Fälle ohne Behandlung. Bei den anderen ist mit einem chronischen Verlauf der PTBS ohne Behandlung zu rechnen. D.h. also ca.10% aller, die je ein Trauma erlebten, entwickeln eine chronische PTBS. Die Wahrscheinlichkeit an einer PTBS in seinem Leben zu erkranken, liegt bei Männern bei 5% und bei Frauen bei 10%. Bei Risikogruppen wie Mitarbeiter von Feuerwehren, Polizei und Rettungsdiensten liegt die Wahrscheinlichkeit bei über 18%. Bei einer Befragung von 200 Feuerwehrleuten in Rheinland-Pfalz gaben 90% belastende Einsätze im letzten Monat an. Nach einer Selbstbeurteilung hatten 18% eine PTBS und weitere 27% deutliche Beschwerden in Richtung PTBS.

Behandlung in der Praxis:

Psychologische Notfallhilfe sollte am Besten sofort vor Ort durchgeführt werden. Ca. 2 Tage bis wenige Wochen nach dem Ereignis sollte eine psychotherapeutische Trauma-Akuttherapie stattfinden. Ziel ist es die betroffenen Personen zu stabilisieren, die Belastung zu reduzieren, Symptome zu mildern, sie in ihrer Verarbeitung zu unterstützen und "Risikopersonen für PTBS" zu identifizieren.
Frühe Gruppeninterventionen (Debriefing-Gruppen) nach Katastrophen sind in ihrer Wirkung umstritten und werden bei uns nicht angeboten.

 

In der Traumatherapie beginnt man mit der Stabilisierung:

  • Krisenintervention
  • Anbindung zur engmaschigen diagnostischen und therapeutischen Betreuung
  • Ressourcenorientierte Interventionen (z.B. Distanzierungstechniken, Imaginative Verfahren)
  • Pharmakotherapie durch einen mitbehandelnden Arzt (adjuvant, symptomorientiert): Antidepressiva aus der Stoffgruppe der SSRI (Vorsicht bei Suizidgefährdung, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen). Besondere Suchtgefährdung bei PTBS ist zu beachten (besonders Benzodiazepine)

 

Danach erfolgt die Traumabearbeitung:

  • dosierte Rekonfrontation mit dem auslösenden Ereignis mit dem Ziel der Durcharbeitung und Integration unter geschützten therapeutischen Bedingungen.
  • Voraussetzung: Ausreichende Stabilität, keine weitere Traumaeinwirkung, kein Täterkontakt
  • Traumaadaptierte Methoden im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes hier: kognitive Verhaltenstherapie mit EMDR
  • Setting: In Abhängigkeit von Schwere der Störung und Stabilisierungsbedarf muss überprüft werden, ob dies ambulant durchgeführt werden kann.

 

Die Traumatherapie mit EMDR:

EMDR ist die Abkürzung für "Eye Movement Desensitization and Reprocessing", was deutsch etwa "Desensibilisierung und Neuverarbeitung mit Augenbewegungen" bedeutet. EMDR wurde von der Amerikanerin Francine Shapiro ab 1989 entwickelt und findet seit Mitte der 90-er Jahre weltweite Verbreitung.
Bei Behandlung von PTBS ist EMDR die am umfangreichsten untersuchte Behandlungsmethode. EMDR gilt als die effektivste Methode im Vergleich zu den anderen anerkannten Verfahren.
Dem EMDR-Verfahren liegt ein neurophysiologisches Modell zugrunde: bei einem PTBS ist das Trauma unverarbeitet; das Erlebte scheint im Nervensystem des Gehirns mit allen Bildern, Gedanken und Gefühlen "eingefroren oder eingebrannt". Die Augenbewegungen, die im EMDR verwendet werden, sollen diese Blockierung auflösen und dem Gehirn wird ermöglicht, die Erfahrung zu verarbeiten. Dies könnte derselbe Prozess sein, der im REM- ("Rapid Eye Movement") oder Traumschlaf geschieht: die Augenbewegungen scheinen mitzuhelfen, Informationsmaterial im Gehirn zu verarbeiten. Es ist wichtig zu wissen, dass das Gehirn diesen Heilungsprozess selbst steuert und kontrolliert! EMDR hebt also die Blockierung auf und fördert einen Verarbeitungsprozess mit dem Ziel, dass die Erinnerung weniger belastend wird. Negative Einstellungen, die aus dem Trauma resultieren, können in positive funktionale Überzeugungen überführt werden. Das Trauma, die negativen Überzeugungen und Körperempfindungen werden dabei verarbeitet. Der Patient wird nicht hypnotisiert. Er hat jederzeit völlige Kontrolle über den Verarbeitungsprozess. Erfahrungsgemäß ist EMDR sehr anstrengend. Meist reicht eine Doppelstunde nicht aus. In der Zeit in der EMDR durchgeführt wird, sollte wenig zusätzlich Belastendes sein. So sollte man nach der EMDR-Sitzung nicht zur Arbeit gehen, auch in bekannten Stresszeiten sollte kein EMDR durchgeführt werden.

Vorgehen:Der Therapeut und der Patient sitzen sich gegenüber. Der Patient folgt mit den Augen der Hand des Therapeuten oder alternativ Punkten auf einem Lichtbalken. Die Augenbewegungsserien werden von Zeit zu Zeit unterbrochen, um zu prüfen, wo der Patient sich gerade im Prozess befindet.

Der Patient bleibt passiv, wie beim Blick aus dem Fenster bei einer "Zugfahrt": man schaut hinaus auf die vorbeiziehende Landschaft, ohne diese zu beeinflussen oder zu verändern. Das Ausgangsbild ist der schlimmste Teil der traumatischen Situation mit den dazugehörenden Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen. Der "Zug" fährt los, die Bilder verändern sich: z.B. Bilder vom Ablauf des Traumas, Assoziationen an andere Geschehnisse, Erinnerungen an das Geschehen nach dem Trauma etc..

Sollten die Bilder, Gefühle und Körperempfindungen zu belastend werden gibt es Techniken den Pat. zu entlasten wie z.B. die Distanzierungstechniken. Es kann (muss aber nicht!) während der Augenserien zu Abreaktionen alter eingefrorener / eingebrannter Gefühle und Empfindungen kommen. Der Patient befindet sich dann bei seiner "Zugfahrt" quasi in einem "Tunnel". Diese Abreaktionen sind in der Regel kurz und heftig. Der Pat. hat die Möglichkeit zu stoppen (Hand heben, Gesicht wegdrehen), wenn es zuviel wird. Er sollte aber versuchen durch den Tunnel durchzufahren und die alten Gefühle abzureagieren und damit zu verarbeiten.

Am Ende der Verarbeitung sollen die negativen Gedanken durch positive Gedanken ersetzt sein, die negativen Gefühle und Körperempfindungen sich aufgelöst haben und der Pat. keine oder nur noch eine geringfügige Belastung verspüren.

Um das Vorgehen beim EMDR zu erlernen, wird der Patient zuerst mit den Techniken bei positiven Bildern ("sicherer Ort") und Gedanken vertraut gemacht. Das dabei erlernte kann er später als Entspannungsverfahren verwenden, z.B. auch in Zeiten zwischen den EMDR-Sitzungen.

Zwischen den EMDR-Sitzungen können sich die begonnen Entwicklungen fortsetzen. In dieser Zeit ist es nicht ungewöhnlich, dass der Pat. unruhig schläft und schnell erschöpft und unkonzentriert ist. Es können neue Einsichten, Gedanken, Erinnerungen oder Träume auftauchen. Wenn dies geschieht sollte dies einfach wahrgenommen und in einem Tagebuch festgehalten werden. Diese Aufzeichnungen werden dann in der nächsten Sitzung besprochen.

 

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